Ein ganz normaler Tag

Zur späten Abendstunde ist im Gunpoint immer sehr reges Treiben. Erzürnte Gesichter stürmen von den oberen Etagen in Richtung Ausgang, haben sie wahrscheinlich all ihr Geld verzockt. Doch nicht jeder bleibt so friedlich. Ab und an brechen auch Schlägereien aufgrund dessen aus. Oder wegen dem erhöhten Alkoholkonsum. Wenn das passiert, kommen die Rausschmeißer ins Spiel. Leute, die in einem Anzug gekleidet sind und fast nicht von der Masse heraustreten. Nur der Skorpion am Kragen des Hemdes zeichnet sie als Rausschmeißer aus. Es heißt, sie sind von einer Söldnerfirma und einzig zu dem Zweck angeheuert worden, im Gunpoint für Ordnung zu sorgen. Im erten Stock ertönt wie immer Gelächter, das Geräusch von zusammenprallenden Kugeln und so weiter. Im Erdgeschoss ist aber am meisten los. Viele Tische waren bereits besetzt oder reserviert, Die verschiedenen Bars waren in vollem Betrieb und Bedienungen flitzten umher um Bestellung aufzunehmen und abzuliefern. Währenddessen lief leise im Hintergrund klassischer Rock, der das rustikale Ambiente des Gunpoints untermalt. Auch das Rauchen war innerhalb des Hauses erlaubt, aber nur an bestimmten Tischen, weshalb diese auch relativ schnell besetzt waren. Der Rest geht entweder aufs Dach oder vor die Tür zum Rauchen.

Gérald lies den Blick der bernsteinfarbenen Augen durch das Lokal streifen, während er sich gelangweilt auf seine Bar lehnte. Natürlich wird bei den anderen das Haus eingerannt und niemand stellt sich zu ihm an den Tresen. Tja, das war der Nachteil als Mann geboren zu sein. Das Kinn stützte er auf die Hand und der Ellbogen lag auf dem Tresen. Mit der anderen Hand wischte er Gedankenverloren über die Arbeitsfläche. ,,Ehrlich, es is' immer das selbe. Bei Layla und Lucy wird nur so gerannt, damit se von dene bedient werd'n un' hier is ma' wieder nichts los..." ,grummelte er vor sich hin, bevor er den Blick hinter sich wirft. Die große Vitrine, in der alles an Alkohol steht, was das Gunpoint zu bieten hat, war türkis beleuchtet. Die Farbe, die Gérald zugewiesen worden ist. Vielleicht schreckt auch die Farbe die Kunden ab, was er aber bezweifelte.
,,Ach was. Heute ist halt nicht der Beste Tag. Du wirst sehen, es wird besser werden.", winkte Alex ab, sein Arbeitskollege bei Bar Vier. Er war ein hochgewachsener Junger Mann von vielleicht 25 Jahren. Das blonde, lange Haar trug er zurückgekämmt und den dichten Bart hatte er sauber gestutzt. Die blauen Augen strahlten wie immer vor Freude, war er doch ein unverbesserlicher Optimist. ,,Aber ich mach mal Feierabend. John wird in ungefähr fünf Stunden kommen und dich ablösen. Das schaffst du schon alleine." Er klopfte Gérald auf die Schulter, packte seine Jacke unter dem Tresen hervor und stapfte dann davon.
,,Hast leicht red'n! Der Chef zahlt bei dir ja auch nach Zeit!" ,rief Gérald seinem Arbeitskollegen noch hinterher, ehe er auch vollends alleine war. Ein seufzer entglitt ihm, bevor er sich schließlich aufrichtet, sich den Hemdkragen richtete und sich ein Glas Brandy einschenkte. Er nippte daran, bevor er damit begann, einige Krüge zu Polieren und sie umgedreht auf den Tresen aufzureihen. Vielleicht hilft ja ein wenig Dekoration dabei, die Kunden anzulocken. So jedenfalls die Hoffnung des jungen Mannes.

Gerade stellte Gérald säuberlich den letzten krug auf die Spitze seiner Pyramide, da gesellt sich auch schon ein Kerl in Uniform an seine Bar. Kurz wird verwundert geblinzelt, ehe man ein charismatisches Lächeln aufsetzt. ,,Eh, Willkomm'n im Gunpoint. Riston is' der Name." ,stellt man sich aus reiner Routine heraus direkt vor. Dann werden die Augen zusammengekniffen und man bedachte den Adligen vor sich noch mal mit einem Blick. ,,Da leck mich! Bist doch 'n hohes Tier von Gemini, eh? Hab' dich schon öfters geseh'n." Und da dreht man sich auch schon um, zieht unter dem Tresen einen Krug hervor - hinter dem Rücken wohlgemerkt - lies diesen einmal am Henkel kreisen, ehe er in der Hand landet. Im selben Zug öffnet man eine Tür am unteren Teil der Vitrine mit dem Fuß, fischte eine Flasche hervor, warf diese hoch und lies sie mit einem Salto in der Hand landen. Fix wird sich wieder zum Tresen gewandt, der Krug kommt rutschend zum stehen und die Flasche wird geöffnet. Der Kronkorken fliegt im Hohenbogen über die Bar und landet schließlich im Müll. Der Trick wirkt mehr als nur einstudiert! Sofort gießt man den Inhalt der Flasche in den Krug hinein und das Bier wird dem Adligen zugeschoben. Natürlich mit schöner Schaumkrone. Die leere Flasche dreht man noch einmal in der Hand und lässt sie dann im Kasten unter der Vitrine verschwinden. Dann nippt man auch schon am eigenen Glas, während das Bernstein kurz durch das Lokal wandert, sich dann aber wieder auf Darion legt.

,,Aye, wir sin' auch das Beste Lokal in Nova Ara." ,brüstet sich der Kerl Stolz und mit einem breiten Grinsen. Man lehnt sich wieder an den Tresen und hebt das Glas hoch, es vor seinem Mund hin und her schwenkend, ehe man es wieder an die Lippen führte und daran nippte. Danach fand das Glas wieder den Weg auf das Tresenholz zurück. ,,Is'n ziemlich langer Name, eh? Wie is'n lieber: De Taravel oder Darion? Oder lieber Kommandant?" Da grinste er umso breiter und vollführt einen nachlässigen Salut. Ein Soldat war der Kerl bei weitem nicht, das konnte man wohl sofort erkennen. Die Blicke der Anwesenden zieht es immer wieder auf das ungleiche Paar an Bar Vier. Anscheinend kam es wirklich nicht oft vor, das sich jemand mit dem Kommandanten unterhält. Bei dem Entsetzten Blick von Layla, zwinkerte Gérald dieser einfach nur frech zu und wendet sich dann wieder dem Adligen vor sich zu. Der Blick wird kurz musternd auf diesen Geworfen, doch die Freundlichkeit von Gérald könnte besser nicht sein. Anscheinend war jemand gut gelaunt, doch noch einen Kunden zu bekommen, egal wer es war.

Die Schultern wurden gezuckt und man richtet sich wieder auf. Der Blick verfolgt die Leute, die nach der Einladung zu einer Runde, das Lokal verliesen und ein schmunzeln schlich sich auf die Lippen von Gérald. ,,Also entweder is' der Alkohol heut' schlecht oder du bist nich' sonderlich beliebt, eh." Er lachte leise bei diesen Worten. ,,Musst mich aber kurz entschuldig'n." Mit diesen Worten schlägt er den Kragen des Hemdes hoch, richtete ihn und geht herüber zu Bar Zwei, der Arbeitsplatz von Layla und Lucy. Ohne auch nur einen Blick auf die Kundschaft vor der Bar zu werfen, geht er einfach dahinter, beugt sich vor und schon wird ihm etwas zugeflüstert. Der Blick der Brunetten Layla geht dabei kurz zu Darion hinüber, jedoch hält dieser Blick nicht lange an, da zieht sie sich auch wieder zurück und kümmert sich um die Kundschaft. Ein seufzen entglitt den Lippen des Zwillingsdrachen, ehe er sich am Hinterkopf kratzte und die linke Hand in die Hüfte stemmte. Schließlich werden die Schultern gezuckt und man hört sich auch noch Lucy an, die ebenso leise zu ihm hochtuschelt. Was da wohl wieder in Gang ist?

Nach einer gefühlten Ewigkeit kehrt Gérald dann auch wieder an seinen Tresen zurück. Nachdem die beiden Damen besänftigt waren, konnte er sich also endlich wieder seiner Arbeit widmen. So stellt er sich wieder hinter den Tresen, nippte von seinem Glas und warf dann einen musternden Blick auf den Söldner, der sich dazu gesellt hat. ,,'n Willkomm'n is' bei dir wohl überflüssig. Genug von Bar Eins gehabt, eh?" ,kommt es mit leichtem Lächeln diesem entgegen. Die Worte des Kommandanten haben aber wohl trotzdem sein Gehör erreicht, denn der Blick ging eben auf jenen, bevor Gérald wieder das Wort erhebt. ,,'s Gunpoint is' ja nich' grade dafür bekannt, Kund'n wegzuschick'n. Verbrecher un' Staatler sin' hier gleichermaß'n. Denke aber, 's weißt schon. Soll's noch'n Bier sein?" Anscheinend versuchte da jemand den Feierabend eines Kommandanten doch irgendwie angenehm zu Gestalten. Ist aber auch nicht Verwunderlich. Wenn eine Schlägerei an einer Bar ausbricht, wird derjenige zur Rechenschaft gezogen, der dieser Bar zugewiesen wurde. Im Fall von Bar Vier war es Gérald, da John und Alex frei hatten. Der Blick der bernsteinfarbenen Augen wechselte immer wieder zwischen den beiden hin und her, doch das Lächeln blieb weiterhin auf den Lippen.

Und schon beginnt die Vorführung von Neuem. Der Krug wurde genommen, ein paar mal in der Hand gedreht, die Flasche wurde hochgeworfen, nach doppeltem Salto gefangen, geöffnet, der Kronkoren fliegt über die Bar, knallt gegen die Wand und landet auf dem Boden neben dem Mülleimer. ,,Aye... Das hät besser lauf'n könn'." ,fluchte er leise lachend, doch machte er unbeirrt weiter. Der Krug landet wieder auf dem Tresen, das Bier wird eingeschenkt, die Schaumkrone sitzt wieder Perfekt und die Flasche wird weggeräumt. Wieder schiebt er den Krug vor Darion und wendet sich Righard zu. ,,Ey, Kumpel. Ich hab' ja nich' irg'ndwas geg'n dich, aber leg dich ma' nich' mit meinen Kund'n an. 's könntest bereuen." Kurz funkelte in den Augen von Gérald etwas auf, ehe man wieder zum Lächeln zurückkehrte, das Glas von Righard nimmt und einen Schnaps vom oberen Regal nimmt. Die Flasche wird die Handfläche heruntergerollt bis in die Ellbeuge, ehe sie in hohem Bogen nach oben geschleudert wird. Man fängt die Flasche mit einer Drehung zum Tresen auf, öffnet sie und schenkt ein. Dann noch ein paar Eiswürfel von einem Fach unter der Bar und das Getränk wird Righard zu geschoben. ,,Wohl bekomms. Wenn jemand sonst Wünsche hat, sagt's einfach, eh?" Da wird der Blick kurz wieder durch das Lokal geworfen.

Er blinzelte den Kommandanten verwirrt an. Hat er ihn gerade wirklich indirekt zu rekrutieren versucht? Es brauchte einige Zeit bis ihm die passenden Worte im Kopf eingefallen waren, bevor er die Stimme wieder erhebt. ,,Wer würd' nich' gern im best'n Lad'n von ganz Nova Ara arbeit'n?" ,sagte er mit breitem Grinsen, als wäre es etwas Selbstverständliches, hier arbeiten zu wollen. Er zuckte mit den Schultern und wandte den Blick kurz ab, um durch den Raum zu blicken. ,,Ich war noch nie gut in der Schule. Hät'ste ma' seh'n müss'n. Mit den Not'n hat ich Glück das mich überhaupt jemand nimmt. Un' jetz' hab' ich'n ziemlich entspannt'n Job, eh?" Er leerte sein eigenes Glas, ehe es unter den Tresen wanderte. Er machte es wohl später erst Sauber oder vielleicht war dort unten ja auch eine Spülmaschine? Jedenfalls schien unter der Bar einiges zu sein, wenn man bedenkt, das er die Gläser von unten heraufholt, das Eis und jetzt auch noch das gebrauchte Glas irgendwo nach unten abstellt. Immer wieder kamen neue Gäste hinein und andere Gäste verliesen das Lokal. Manche erzürnt, manche in Hochlaune. Aber das Treiben innerhalb des Gunpoints schien zuzunehmen, umso später es wurde.

Gerade als das Licht ausging, griff Gérald rein aus Reflex unter dem Tresen und holte die Gitarrentasche hervor. Als dann jedoch die Stimme erklang entspannte er sich wieder etwas, stellte die Tasche neben sich ab und hörte dem Gespräch zu. Die Wandlung des Kommandanten verfolgte er mit Interesse, als sich die Haare färbten. Doch bevor er irgendwas sagen konnte, war De Taravel auch schon weg. Ohne also weitere Zeit zu vrschwenden, sprang er über den Tresen drüber - dem Himmel sei Dank für seine Reflexe, hätte er beinahe die Krüge umgeworfen - und sprintete zu Layla hinüber. Lucy war schon nirgendwo mehr zu sehen. ,,Sag dem Chef ich muss kurz weg, hab' da noch was zu mach'n." Da wollte er schon weiter sprinten, als er auch schon festgehalten wurde. Die bernsteinfarbenen Augen werden gedreht und man sah, das es Lucy war, die ihn auf halbem Weg festhielt. ,,Du hast doch nicht jetzt vor da raus zu gehen, Riston?!" Sie klang beinahe Hysterisch als sie das sagte. Doch Gérald schüttelte sich nur frei und schenkte ihr ein breites Grinsen. ,,Klingt nach'm Nutzer. Ich muss zum Markt un' nachseh'n was los is'. Nur keine Sorge, eh? 's krieg ich hin. Die sin' jetz' eh beschäftigt." Und man rannte zur eigenen Bar zurück, springt elegant im Lauf dahinter und packte sich die Tasche erneut. Die entgeisterten Blicke der Gäste aufgrund seiner Vorführung ignorierte er gekonnt, da fetzte er auch schon in die hinteren Räume. Der Sicherheitsdienst war genauso überrascht wie auch Gérald selbst, der ja eigentlich gar keine Befugnis hatte, hier zu sein. Im Handumdrehen reagierte er also, rannte auf den Mann zu, sprang jedoch zuvor gegen die Wand und nutzte die Wucht um sich über den verwirrten Sicherheitsmann zu katapultieren. Nachdem er über den Kerl hinweg war, fing er sich auf der rechten Hand ab, schlug ein Rad um wieder auf die Beine zu kommen und fetzte weiter. In der linken Hand noch immer die Tasche haltend, stürzte er dann auch schon aus der Hintertüre in die dunkle Nacht von Nova Ara hinein. Man holte das Handy heraus, öffnete ein Dokument und besah sich die Karte der Stadt. ,,Bingo." Schon eilte er in die Stadt hinaus.